Samstag, 15. Dezember 2012

Hurra hurra, die WeAk war da!!!




Wenn man zwei Monate lang auf etwas hinarbeitet, und das dann vorbei ist, stellt sich gezwungenermaßen eine gewisse Orientierungslosigkeit ein. Diese Zeit-Blase wollte ich eigentlich dazu nutzen, diesen Blogeintrag zu schreiben, aber wie das eben so ist kommt man zu gar nix, weil man so wenig zu tun hat. Was außerdem schon mal gar nicht stimmt, aber der Reihe nach:

 

Die Weihnachtsaktion im Zeitraffer:

Am Samstag den 07.12. kamen 138 Österreicher mit rund 60 Autos, gefüllt mit 20.000 Weihnachtspaketen, über die Grenze. (Was natürlich 4 Stunden dauerte.) Philipp fuhr mit Natalja nach Ushgorod, der nahe der Grenze liegenden Hauptstadt Transkarpatiens, um sie zu begrüßen und zu übersetzen. Übernachtung im Hotel, am Sonntag machte sich die ganze Kolonne dann auf den Weg nach Königsfeld. Wegen des zwei Tage vorher einsetzenden starken Schneefalls waren die Straßenverhältnisse noch ukrainischer als sonst, die Herfahrt verlief aber unfallfrei.

Ich musste in dieser Zeit zu Hause bleiben um eventuellen ukrainischen Reportern zur Verfügung zu stehen, die über die Weihnachtsaktion, bei uns WeAk genannt, berichten könnten, aber dann doch nicht gekommen sind. Dafür gibt’s irgendwann ein Interview mit mir in den Oberösterreichischen Nachrichten, yeah!

Am Abend wurden sämtliche Autos in den Schulhof geparkt und die Österreicher zu den Gastfamilien gebracht.

Montag um sechs Uhr früh fuhren die einzelnen Gruppen ab, um die Geschenke an sämtliche Schulen und Kindergärten der Region zu verteilen. Das ließ ich mir natürlich nicht entgehen, und so überwand ich meine Müdigkeit und schloss mich Gruppe Nummer zwei an, was eindeutig und absolut die richtige Entscheidung war. Schon nach kurzer Zeit stellte sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl ein, und „Meine Ukraine“ mit den Augen von Österreichern, die teilweise erstmalig hier waren, zu sehen, war unglaublich spannend. Und die viel gerühmten strahlenden Kinderaugen bei der Übergabe der Geschenke waren wirklich fantastisch!

In einigen Schulen wurden wir vom Direktor zu Kaffee (für die Beifahrer ein Stamperl Vodka) eingeladen, und weil unter den Blinden der Einäugige König ist spielte ich dabei Dolmetscher. (Der echte Dolmetscher war mit den Paketen beschäftigt). Ein Direktor erzählte uns eine halbe Stunde lang von den Stickarbeiten der Kinder seiner Schule, und anscheinend hab ich es inzwischen schon ziemlich gut drauf, so zu tun als ob ich alles verstehe…

Nach getaner Arbeit fand in der Schule in Königsfeld der „bunte Abend“ statt, wo wir von den Schulköchinnen königlich bewirtet wurden und einige Schülerinnen ukrainische Volkslieder mit selbst einstudierten Choreographien vorführten. Die ausgelassene Stimmung erreichte ihren Höhepunkt, als als Abschlussüberraschung der österreichische Schlagerhit „Ein Stern“ angestimmt wurde, gefolgt von „Stille Nacht“. Der innovative Stilmix hinderte niemanden der österreichischen Gäste daran, gerührt mitzusingen.


Dienstag folgte dann die Heimreise. Im Nachhinein kann man sagen, dass sich die lange Vorbereitung und die kleinen Problem dabei ausgezahlt hat und die Weihnachtsaktion 2012 wieder ein voller Erfolg war! 


Ankunft in Ust Tschorna
    
Meine netten Fahrer Ruth und Norbert

Geschenke, Geschenke!




Bein Verteilen
 
bunter Abend
 



Samstag, 1. Dezember 2012

Disco in Lupochowo und die Weihnachtsaktion


Weihnachten naht, und damit auch die Weihnachtsaktion, an der zu arbeiten ja eine unserer Hauptaufgaben hier ist. Ca. 20.000 Pakete werden von 130 Personen von Österreich nach Transkarpatien gebracht und an die Kinder in Schulen und Kindergärten verteilt. Dafür sind ein ganzer Haufen Dokumente nötig, die zum Beispiel bescheinigen, dass wir keine verdorbenen Lebensmittel, Tiere oder Waffen einführen, oder sonst etwas das zu Umsturz, Revolution oder Durchfall führen kann.

Des Weiteren müssen allerlei Listen angelegt und kontrolliert, Quartiere gefunden und Bierkisten eingekauft werden. Diverse Probleme mit Behörden und Menschen führten dazu, dass unser Chef in Linz bereits prophezeit hat, dass die ganze Aktion abgesagt werden muss, aber das war die letzten Jahre auch schon so und außerdem sind wir ja in der Ukraine, „dem Land der Wunder“, wie unser Freund Wasyl zu sagen pflegt, wo alles geht, wenn man nur weiß wie…

Und das alles bei ganz und gar unweihnachtlichem Herbstwetter, der Schnee lässt weiter auf sich warten.  Was gibt es sonst zu berichten? Es werden gerade Leitungen für Breitband Internet verlegt, aber mal schauen wann die dann wirklich hier im Dorf ankommen.

Sonntags fahren wir ab und zu nach Lupochowo in die Dorfdisko, wo man laut Peter gut daran tut, ein Messer dabeizuhaben. Der war aber seit schätzungsweise 30 Jahren nicht mehr dort  und in Wirklichkeit sind eh alle ganz lieb. Außerdem sind wir immer mit Einheimischen unterwegs, das hilft auch… Die Disko ist in einem schlauchartigen, unbeheizten Raum des Kulturhauses, weswegen alle mit Jacke tanzen. Die Stimmung ist einzigartig,  die meisten Männer und Burschen stehen mit Lederjacke und Kurzhaarschnitt am Rand herum und die Mädels tanzen zu den neuesten ukrainischen Hits a´la „BUM BUM BRUM“. Und ja, Gangnam Style ist auch bis hierher vorgedrungen. Um 23 Uhr ist allerdings Schluss, weil es eine staatliche Disko ist. Und jetzt im Advent findet sie gar nicht statt, weil Fastenzeit ist.

Wenn ich von meinem Weihnachtsurlaub in Österreich wieder her komme, muss ich unbedingt meine Lederjacke mitnehmen. Ohne fällt man hier auf wie ein bunter Hund…   

Donnerstag, 15. November 2012

High Society


Heute lernt ihr mal ein paar der Menschen kennen, ohne die hier in allen möglichen Hinsichten (gibt´s das Wort?) gar nix gehen würde und die stark dazu beigetragen haben, dass Königsfeld für uns ein Zu Hause geworden ist.



Nicht gestellt, die stehen immer so da!!

Natalja:
Deutschlehrerin in Deutsch-Mokra, perfekt unserer Sprache und sämtlichen Dialekten mächtig, Hochdeutsch kann sie aber auch. Wandelndes Wörterbuch, unendlich geduldig dabei, mir wichtige Vokabel ins Ukrainische zu übersetzen und mir die Aussprache beizubringen. Ambitioniert in jeder Hinsicht, rechte Hand und Standbein der Landlerhilfe im Ort und in ihrer Freizeit dankenswerter Weise bereit, die Arbeit zu machen, die wir auf Grund sprachlicher Defizite nicht ausführen können.





Emil bei der Arbeit

Emil Emilowitsch:
Musiklehrer in Königsfeld, Nataljas Ehemann. Ein Virtuose auf der Gitarre, sein Kopf ist eine Schatztruhe voll ukrainschen Liedguts und er hat es sich zum Ziel gemacht, mir ein bisschen was davon beizubringen. Unverwechselbar sind seine spitz zulaufenden Lackschuhe, die bei jedem Wetter glänzen wie frisch poliert, während unsereins mithilfe von Gummistiefeln versucht, nicht in den Schlammfeldern zu ertrinken, die bei gutem Wetter eine Straße sind. Wie macht er das nur...




Vorbildlich!
Pascha:
Bester Freund von Emil, Geschichtslehrer und Leiter der Nachmittagsbetreuung. "Vin dobre snaie figliuvati", was man nicht richtig übersetzen kann, aber ungefähr heißt, dass er gut darin ist, den Schmäh rennen zu lassen. Musikalisch ein eingespieltes Team mit Emil: Die Krönung jedes gemütlichen Abends ist es, wenn Emil zur Gitarre und Pascha zur Flöte greift und die beiden Ukrainische Volkslieder schmettern. Kann fantastisch mit Kindern umgehen und vollbringt auf den Turngeräten im Schulhof die verblüffendsten Dinge.




Valentin:
Englisch- und Deutschlehrer in Königsfeld, einen großen Teil unserer Arbeitszeit verbringen wir in seinen Stunden. Trotz seiner acht Kinder findet er öfter mal Zeit, über Musik und deutsche Grammatik zu diskutieren, (bei letzterem lässt er meine Meinung selten gelten :D ) mich im Schachspiel zu besiegen oder bei Dingen wie Holzhacken zu helfen.

Foto kommt bald!!




Seppi ausnahmsweise ohne seine Baskenmütze
Seppi:
Hausmeister der Schule in Königsfeld, zweite rechte Hand der Landlerhilfe und für uns Zivis zuständig. Traditionsmäßig lädt er uns fast jeden Samstag zum Mittagessen ein, hilft im Ort wo er nur kann und fährt öfter Mal mit uns nach Tjatschiv, wo er praktisch jeden Einwohner kennt. Redet ein Deutsch an das man sich sehr gewöhnen muss, einen Dialekt der nach einer Mischung aus Altoberösterreichisch und selbst erfundenen Wörtern klingt.





Peter
Peter:
Vizebürgermeister, was ihn aber anscheinend nicht sonderlich auslastet, denn er steht von früh bis spät im Garten und repariert Motorsägen. Die regelmäßigen Besuche bei ihm sind stets mit Löskaffee und Geschrei (wegen der Motorsägen) verbunden. Wenn man irgendwelche Kontakte zu irgendwem braucht fragt man am besten ihn.




Dienstag, 23. Oktober 2012

Die Schule, der Berg und der Mann mit dem Walrossbart


Nach einer Woche Österreichaufenthalt wieder "zu Hause" in Königsfeld! Viel hat sich nicht verändert, aber trotzdem alles auf Anfang, denn Thomas hat seinen Dienst beendet, und ich bin jetzt der "Alte", obwohl mein neuer Mit-Zivi Philipp schon 23 ist.
Die Fahrt verlief unspektakulär, abgesehen von einem hundsgemeinen Schlagloch auf der Hauptstraße zwischen Tjatschiv und Chust, dass ohne Vorwarnung aus dem Dunkel gesprungen ist und sich in unserer Felge festbeißen wollte. Es hat sie aber nur verbogen, und auch das wurde schon repariert, danke der Nachfrage. Tja, die Straße lebt hier eben.

Wir haben viel zu tun mit der jährlichen Weihnachtsaktion, bei der 21.000 Schuhschachteln mit Geschenken von Österreich an die Kinder hier in der Region verteilt werden. Der bürokratische Aufwand ist dementsprechend groß. Dank Philipps bewundernswerter Ambition haben wir auch endlich mal unsere Bude ausgeräumt/aufgeräumt und dabei Erstaunliches zu Tage gebracht. Resumee: Es gibt nichts, was wir nicht haben, man muss es nur finden!

Langsam merkt man auch, dass die Sonnenstunden kürzer und kürzer werden, was hauptsächlich an dem Berg liegt, in dessen Schatten unser Haus und ein Großteil des Dorfes liegen. In zwei Monaten wird hier bereits um elf Uhr vormittags die Sonne untergehen.

Neben unseren anderen Arbeiten und dem Helfen in der Schule von Königsfeld fahren wir immer noch dreimal wöchentlich in die Schule nach Deutsch Mokra, die ich heute ein bisschen vorstellen möchte:

Lehrerin Natalja und Schevtschenko über der Tafel


In allen Schulen hier hängt über der Tafel das Bild eines stattlichen Mannes mit Walrossbart, der offensichtlich Schewtschenko heißt. Darunter Zitate von ihm, die sicher geistreich sind, die ich aber nicht verstehe. Dies ist aber weder der Direktor, noch ein Politiker oder heimischer Fußballstar, wie meine ersten Vermutungen lauten, sondern der ukrainische Nationaldichter, der anscheinend viel zur Bildung zu sagen hat und jetzt 149 Jahre nach seinem Tod mit strengem Blick über die richtige Konjugation irreflexiver Verben und Ähnliches wacht.


Schule von außen

Es gibt keine Waschbecken oder Wasserklos in der Schule, nicht mal fließendes Wasser. Das wird aus der Schulküche geholt, in der die Kinder jeden Vormittag ein warmes Essen bekommen. An Unterrichtsmaterialien gibt es nur das Nötigste.
Die Schulglocke ist händisch zu bedienen und hängt frei und für Kinderhände zu erreichen im Gang, was ab und zu zu verkürzten Schulstunden führt...


 
 In der Schule gibt es ca 100 Schüler, in den Klassen sind aber selten mehr als 7 oder 8 Schüler. Viele fehlen mit Erlaubnis der Eltern, um Hausarbeiten zu erledigen oder der Familie anders zu helfen, zum Beispiel durch Pilzesammeln.
Die Motivation ist leider sehr niedrig, weil der Lebensweg der meisten schon vorbestimmt scheint und ihnen als Holzarbeiter oder Hausfrauen Deutsch wenig helfen wird.
 was auch in Österreich der Fall ist, tritt hier noch stärker zu Tage: Es sind nur die Schüler interessiert und gut in der Schule, deren Eltern einen höheren Bildungsgrad haben, also meist die Lehrerkinder.


Schulhof mit Schulklos


 
Beim Alphabet lernen

Das Unterrichten macht trotz allem Spaß, und es ab und zu zu schaffen, die Begeisterung in Kinderaugen zu wecken, ist das schönste Geschenk blabla. Stimmt wirklich!

Freitag, 5. Oktober 2012

Königsfeld City


Schon ein Monat hier, die Zeit ist wirklich wie im Flug vergangen! Lieb gewonnener Alltag, eine lieb gewonnene Zivi Bude und natürlich Menschen, die man schon langsam kennt und immer mehr mag :) Thomas´ Dienst neigt sich dem Ende zu, bald bin ich auf mich "allein gestellt", was natürlich nicht stimmt, weil es hier jede Menge Leute gibt, die einem ohne zu zögern helfen und zu denen man immer gehen kann, wenn man ein Problem hat. Aber die stell ich ein anderes Mal vor, heute ist mal das Dorf Königsfeld dran:

Kurz zur Geschichte: 1800irgendwas hat Maria Theresia einige Einwohner des Salzkammergutes (zwangs-)ausgesiedelt, um die Holzwirtschaft in den Transkarpaten, die ja damals zu Österreich gehörten, effektiver zu machen. Im März sind sie losgegangen, im Oktober hier angekommen, woraufhin dann gleich mal die Hälfte im ukrainischen Winter erfroren ist, weil ihnen niemand gezeigt hat, wie man Hütten baut. (Für geschichtliche Richtigkeit übernehme ich keine Verantwortung, das erzählt man sich hier so. Wer Genaueres und Korrekteres wissen will schaut auf www.landlerhilfe.at, die Website unserer Organisation, die auch ansonsten sehr zu empfehlen ist.)
Diese ausgesiedelten Familien haben dann das Dorf Deutsch Mokra gegründet, und später aufgrund des Kinderreichtums weiter flussabwärts auch noch Königsfeld. Heute gibt es hier nur noch wenige deutschsprachige Familien, und diese können meist kein Hochdeutsch, sondern einen alten Dialekt, der hier sozusagen konserviert wurde.

Das Dorf war wegen seiner absolut genialen Lage und der schönen Landschaft im Kommunismus ein beliebter Urlaubsort, aus ganz Russland ist man hierher gekommen, zum Schifahren und Wandern. Es gibt ein großes Hotel, das allerdings seit Jahren leersteht. Denn nach der Wende 1989 ist die funktionierende Wirtschaft zusammengebrochen, es gibt seitdem kaum Arbeit, keine Perspektiven für die Jugend und dementsprechend viele Alkoholiker. 
1998 und 2001 gab es auch noch gewaltige Hochwasser, die die Straßen zerstört haben und die Zugstrecke mitgerissen haben. Seither ist Infrastruktur hier ein Fremdwort. (Das wars zwar vorher auch schon, aber ihr wisst was ich mein...)

Königsfeld liegt wie bereits erwähnt in einem engen Tal, beidseitig recht hohe Berge und eine Natur, die in der Ukraine ihresgleichen sucht. Der Ort ist sehr langgezogen, die Häuser sind fast alle an der Hauptstraße, in die Breite geht es fast nie.

Es gibt ein Dorfzentrum mit drei Geschäften, sogenannten Magazins. Die haben 7 Tage die Woche geöffnet. Am Dorfplatz wird einmal die Woche ein kleiner Markt abgehalten.

Dorfzentrum


Geschäft "Zentrum"

orthodoxe Kirche

deutsche katholische Kirche

Das ehemalige kommunistische Zentrum, das heute als Altenheim dient. Das Schicksal geht seltsame Wege...

Hauptstraße nahe Zentrum



Noch eine bezeichnende Besonderheit zum Schluss: Das ukrainische Wort für "langsam" hab ich bereits in der ersten Woche gelernt, aber "schnell" kann ich mir einfach nicht merken...



 
                   

Freitag, 21. September 2012

Essen und Trinken


Wovon ernähren wir uns?
In erster Linie einmal von Käsebrot, was hier anscheinend seit Jahren so etwas wie das Zivildiener Standardgericht ist. Wird folgendermaßen gemacht:

Eine Scheibe Brot dick mit Käse belegen und in den Holzofen schieben, bis es knusprig ist. Salzen, Pfeffern, fertig. Verdammt gut, wärmend, sättigend.

Die Standard-Nachspeise dazu wird ähnlich komlex zubereitet. Schokobananen! Banane aufschneiden, soviel Schokolade reinstopfen wie reinpasst und das ganze in den Holzofen schieben. Yummy! An Regentagen der Hammer.

Doch es gibt auch Essen abseits dieser Zwei - Zutaten Gerichte. In der Schulkantine bekommen wir jeden Mittag für wenige Rivni (10 Rivni sind 1 Euro) eine ausgiebige Mahlzeit. Meistens sehr fett, aber das ist hier üblich, um den Winter zu überstehen. ;) Oft gibt es süße Suppen, Nudeln, Kartoffeln oder Reis, dazu eine Sauße. Fleisch gibt es nur selten, da es sehr teuer ist. Zu absolut JEDER Mahlzeit wird Brot gegessen, woran ich mich erst gewöhnen musste. Nachdem die Bäckerei aber nur zweihundert Meter von unserem Haus entfernt ist, das Brot ständig frisch gebacken wird, und ein Laib Brot umgerechnet 40 Cent kostet, ist unser Verbrauch davon enorm!

Ab und zu kochen wir auch selber Kleinigkeiten. Dabei habe ich schon gelernt, dass das ganze Klimbim einer modernen Küche absolut unnötig ist! Solange du einen Topf und ein Messer hast kannst du alles kochen, der Rest ist Luxus... (Wir haben auch noch andere Sachen in der Küche, aber wie gesagt, Luxus!)

Dann gibt es da noch die berühmte ukrainische Gastfreundschaft. Eine Essenseinladung auszuschlagen ist nicht ratsam, erstens weil man den Gastgeber beleidigen könnte, und, viel wichtiger, weil man die wahrscheinlich beste und reichhaltigste Mahlzeit seines Lebens verpassen könnte! Es wird aufgetischt und weiter aufgetischt, gebraten, gekocht und gebacken, und als Gast muss man essen, bis man nicht mehr kann. Borschtsch (Rote RübenSuppe), Holopsi (Mit Reis gefüllte Krauttaschen), Letscho, Polenta, Kuchen...
Dass man satt ist oder nichts mehr trinken will, gilt da nicht. Die Antwort auf solche zaghaften Versuche, den dritten Nachschlag abzulehnen, sind meist auf altösterreichisch vorgetragene Sprichwörter und Redewendungen, gegen die man schwer ankommt. (Weil man sie oft nicht versteht.) Oder wie beispielsweise ist das Argument: "A Wossa is a Wossa, und a Tee is a Tee!!" zu widerlegen?

Trinken



Das Leitungswasser hier kommt direkt aus den Karpaten und ist sehr sauber und gut. Wo man hingeht wird einem Tee oder Löskaffee angeboten, da kommt man schon mal auf 4 oder 5 am Tag. Ein sehr leckeres und beliebtes Erfrischungsgetränk ist Kvas, was aussieht wie Cola, so ähnlich schmeckt, aber aus Brot gemacht wird, wenn ich es richtig verstanden habe.
Abends gibt es manchmal Bier (was darf´ s sein? Levivsky, Tschernivtschy oder Oblisky?) und wenn es was zu feiern gibt ein paar Stamperl Vodka. Drei müssen es sein. Einmal auf die Gesundheit, einmal auf die Freundschaft und einmal auf die Liebe! Na Starovje!


Freitag, 14. September 2012

Kinderwunsch


Nein, ich noch nicht... Aber die Kinder! Was die sich alles wünschen/alles wollen! Wenn man sie nur verstehen würde...

Eine unserer Aufgaben ist es, in der Nachmittagsbetreuung zu helfen. Es ist allerdings nicht so leicht, Kinder zu beschäftigen, wenn man nicht mit ihnen reden kann. Bleiben meine überragenden pantomimischen Fähigkeiten, stummes (oder eher durch internationales Gebrüll gestütztes) Abfangenspielen und Dinge aus Papier herzustellen. Ich hab den Fehler gemacht, einem Kind ein Himmel und Hölle Spiel zu basteln, worauf hin alle eins wollten, und ich den restlichen Nachmittag faltend verbracht habe. Man sollte meinen, inzwischen hätte jedes Kind im Dorf eins, aber denkste... Die sind ja nun nicht soo robust... Dafür kann ich jetzt die Vokabeln "Papierflieger", "Himmel und Hölle" und "Schiff".

Eine weitere "Tradition" ist, dass es in regelmäßigen Abständen an unsere Tür klopft und Kinder jeden Alters "Bitte geben Zuckerle" sagen. Und sie kriegen welche, eines am Tag. Die ganz gewieften kommen ein paar Stunden später nocheinmal, verraten sich aber meist selbst durch ein breites Grinsen, wenn man sie fragt, ob sie nicht schon da waren.

Die Kinder sind auch sehr darauf bedacht, mir ukrainisch beizubringen. Sie wiederholen ihre Forderungen solange, bis man im Wörterbuch nachschlägt, um herauszufinden, was sie eigentlich wollen. So erarbeite ich mir nach und nach einen Wortschatz.

Des weiteren bei Kindern sehr beliebt: UNO Spielen, puzzeln, Papier zum Zeichnen (von dem man nie genug haben kann) und mitfahren im Zivi Bus, auch wenns nur 10 Meter sind.

 


 
Zeit zum Entspannen bleibt trotzdem noch genug. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder klopft und zarte Kinderstimmen nach uns schreien :)

DIE HOLZHACKER TAGE oder "warum ich froh bin dass Jura nicht der Texas Chainsaw Mörder ist"


 

Noch ist´s heiß, aber die Nächte werden schon kühl in unserem Tal, die Laubwälder sind bunt gefärbt und die Herbstfeuer brennen… (Was zwar schön klingt, aber im Klartext heißt, dass es nach Rauch stinkt). Also nutzen wir das fantastische Wetter, um den gewaltigen Holzberg vor unserer Haustür in ofengerechte Stücke zu zerhacken. Eine Arbeit von mehreren Tagen, bei der wir zum Glück tatkräftig von Freunden, Bekannten und natürlich den Kindern unterstützt werden, die ganz schön was weiterbringen, wenn sie nur wollen…

Obwohl Holzhacker immer noch nicht mein Traumberuf ist, muss ich sagen, dass es schon ein befriedigendes Gefühl ist, fünfmal auf so ein einen riesigen Baumstamm einzudreschen, ohne dass der auch nur einen Kratzer aufweist, und ihn dann beim sechsten Mal mit seiner ganzen Kraft sauber in zwei Hälften zu zersprengen. Bis ich den Bogen raus hatte hat es allerdings gedauert.

Thomas kann das zwar viel besser als ich, ist aber immer noch ein Dilettant gegen die Einheimischen. Jura schwingt seine Axt mit derartiger Kraft und Präzision, dass ich froh bin, dass er nicht der Texas Chainsaw Mörder ist (schlechtes Beispiel, ich weiß), sondern nur unser Nachbar…

Am Ende ist alles in die Holzhütte eingelagert, ich spüre jeden Knochen im Körper und meine Kleidung ist voller Sägespäne. Der Winter kann kommen!

vorher

nacher

dazwischen:

 




 


 

 
 

 

Donnerstag, 6. September 2012

La casa nostra


Zeit, das Zivi-Heim, unsere „Zivi Bude“ vorzustellen:

Wir wohnen in einem älteren, sehr ukrainischen Haus, das uns der Nachbar und Besitzer für eine geringe Miete überlässt. Linoleumböden, doppelte Fenster, einigermaßen viel Platz, um unsere zahlreichen Habseligkeiten zu verstauen/verstreuen, und sogar ein Wasserklo, (im Dorf keineswegs Standard, sondern durchaus noch die Ausnahme) machen mein neues Zuhause zum Traum eines jeden Zivildiensers!

Es gibt einen mit Holz zu beheizenden Tischherd, der im Winter zugleich als Heizung dient, allerdings auch eine elektrische Kochplatte. Wenn man Warmwasser für die Badewanne will, muss man ebenfalls erst mal ein Feuer unter dem Boiler machen. Es ist schmuddelig, ein bisschen schmutzig, (nach den absolut lächerlichen westlichen Sauberkeitsstandards…) und unglaublich gemütlich. Ich freue mich schon, mich im Winter mit einem heißen Tee ins Bett zu kuscheln und dem Schnee beim Fallen zuzuschauen J    

Hier ein hochprofessioneller Grundriss unseres Hauses, den ich überhaupt nicht gerade eben mit Paint gezeichnet habe:
 
Entgegen der Zeichnung gibt es im Arbeitszimmer sehr wohl einen Schreibtisch, und da wird sehr wohl gearbeitet. Aber so einen Schreibtisch zu zeichnen ist eine recht langweilige Sache, also hab ichs gelassen.



 

 

Die gute alte Zeit:


 Wenn ich sage, die Zeit vergeht hier anders, ist das nicht nur eine Metapher, sondern wörtlich gemeint. Die echte ukrainische, also die Kiever Zeit, ist eine Stunde versetzt zu unserer mitteleuropäischen. Die Einwohner des Theresientales, in dem auch Königsfeld liegt, weigern sich allerdings, die offzielle Zeit anzuerkennen und leben lieber nach unserer. Das ist für uns Österreicher praktisch, kann aber zu Verwirrungen führen, etwa wenn man einen Zug erwischen will, der nach der offiziellen Zeit fährt, oder einen Termin in einem Amt hat. Wenn man zum Beispiel nach Tiatschiv, in die Hauptstadt des Rajons, fährt, die außerhalb des Tales liegt, betritt man bereits eine andere Zeitzone...     

 

 

Dienstag, 4. September 2012

angekommen!


Ich bin angekommen.
Nicht spirituell, sondern zunaechst mal geographisch. Aber was nicht ist kann ja noch werden :)

Die ersten Tage begannen - mit Verabschiedungen. Ich habe Alt-Zivi Severin, der seinen Dienst inzwischen beendet hat, bei seinen letzten Besuchen im Dorf begleitet, und dabei gleich die wichtigsten Leute von Koenigsfeld kennengelernt. Die meisten koennen Deutsch, allerdings kein Hochdeutsch, sondern einen seit Generationen gleichgebliebenen Muehlviertler Akzent, mit dem ich mir als Steirer schwerer tu als ein Norddeutscher mit Vorarlbergerisch.

Am zweiten Abend fand die Abschiedsfeier für Severin statt, die traditionellerweise Schaschlik, Vodka und Gitarrenspiel beinhaltet. Außerdem wurden dem Alt-Zivi, ebenfalls traditionell, die Haare geschoren. Auch ich kam unter den Rasierer, Widerstand zwecklos. Naja, ist hier eh praktischer...


Bogratsch überm Feuer, jam!!




Jetzt bin ich mit dem anderen Alt-Zivi, Thomas, zu zweit. Er hat noch 6 Wochen Dienst abzuleisten und zeigt mir, wie alles funktioniert und wie unsere Arbeit hier abläuft. Als da wäre: In der Schule Deutsch unterrichten, mit den Kindern spielen, Patenschaften und Hilfstransporte organisieren. Und das Ganze natürlich auf Ukrainisch. Ich bin schon fleißig am Lernen, aber bis ich mehr sagen kann als "Ich bin der neue Zivi und verstehe nichts" und wirds wohl noch etwas dauern... Vorgestellt werde ich übrigens als "novy soldat", wie wir hier spaßhalber genannt werden.

Bei Vizebürgermeister Peter zum Kaffee. Rechts Thomas, Mitte Severin 
 
Ich wurde auch schon mit unzähligen Volksweisheiten und Redensarten konfrontiert, die den Geist der Ukraine wunderbar einfangen. Beispiel: Warum gibt es hier so wenige Verkehrsschilder? Weil die runden super auf die Sauerkrauttöpfe passen und man mit den eckigen gut Schneeschaufeln kann...

Donnerstag, 23. August 2012

Going east


Die letzten Tage im Westen sind angebrochen!

Ganz unvorhergesehen ist mein Zivildienstbeginn einige Tage nach vorne verschoben worden, ich werde nicht am 5. September, sondern schon am 31. August losfahren. Es ist ein gehöriger Schreck, wenn der Tag X langsam aber kontrolliert näher kommt, und dann plötzlich mit fünf Tagen Vorbereitungszeit zwischen den Zähnen auf dich zuspringt! Hängt die Metapher? Was solls...

Das heißt es wird gepackt, es werden letzte Vorbereitungen getroffen, und die großen Verabschiedungen beginnen. Außerdem muss ich den Großteil meiner Wertgegenstände ersetzen, weil ein netter Unbekannter beim Frequency Festival meinen Rucksack gerstohlen hat. Den Reisepass hat er mir gelassen, immerhin.

Es gibt noch viel zu erledigen, aber die letzten Tage in Österreich werden trotzdem toll! Denn noch bin ich nicht weg und es stehen noch einige schöne Tage mit tollen Leuten bevor :))

Und dann, auf nach Königsfeld!

Freitag, 27. Juli 2012

Es wird ernst

Der Vertrag ist unterschrieben, der Visaantrag abgeschickt. Ich hab meinen Abreisetermin: Am 5. September gehts los! Jetzt heißt´s Ukrainisch lernen und den letzten Monat in Österreich genießen. Zum Einstimmen gibts erstmal keine weiteren Fotos der Gegend, sondern ein Lied - in Aufbruchstimmung, könnte man sagen.

http://www.youtube.com/watch?v=jhLydqP6XwA

Donnerstag, 19. Juli 2012

Brücken




Mein Kurzbesuch in Königsfeld war, wenn auch wirklich sehr kurz, lang genug, um einiges über die Ukraine zu erfahren. Die Busfahrt dauerte 22 Stunden, etliche Pausen und 2 Stunden Grenzwartezeiten inklusive. Von Ungarn, das man dabei zur Gänze durchfährt, haben wir nicht viel mitbekommen, außer dass es heiß war und flach. Aber schon wenige Kilometer nach der ungarisch-ukrainischen Grenze wurden die schönen, absolut EU- konformen Autobahnen von etwas rustikaleren Straßen abgelöst.

Die Landschaft in der äußersten Westukraine besteht aus weiten, leicht hügeligen Ebenen, Grasland, fast Steppe, könnte man sagen. Links und rechts Straßendörfer mit kleinen schmucken Häusern, ab und zu eine Stadt, der man die kommunistische Vergangenheit noch gut ansieht.

Schließlich rücken die Karpaten in die Nähe und man fährt ins Theresiental hinein, in dem Königsfeld liegt. Die Gegend hier erinnert stark an die Steiermark, mit saftig grünen Wäldern, einer üppigen Vegetation und Bergen, die das Tal einrahmen. Der Zustand der Straße, die neben einem Fluss verläuft, ist für mitteleuropäische Maßstäbe unvorstellbar. 30 Zentimeter tiefe Schlaglöcher, teilweise das völlige Fehlen von Asphalt und ungesicherte Erdrutschungen in den Fluss sind verantwortlich dafür, dass man kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit fahren kann.

Das Theresiental ist viele Kilometer lang, aber autotaugliche Brücken auf die andere Seite des Flusses gibt es kaum. Viele halbfertige, ein paar "selbstgebastelte", und Stege, die kaum mehr als ein paar Holzbretter sind. Aber daran stört sich hier niemand.


Dann, endlich, Königsfeld, das auf Ukrainisch "Ust-Tschorna" heißt. Die jetzigen Zivis, Thomas und Severin, haben mich herzlich aufgenommen, mir unser Haus und den Ort gezeigt. Ich habe auch schon Bekanntschaft mit ein paar Dorfbewohnern gemacht, die mein Ukrainisch (6 Sätze zuzeit) auf eine harte Probe gestellt haben. Am Abend sind wir auf eine Anhöhe gefahren und haben Schaschlik gegrillt. Erster Eindruck: Nette Menschen, gutes Essen, schöne Gegend. Hier bleib ich!

Der Anfang

Auslandszivildienst. Die Idee kam vor gut einem Jahr, als sich meine Schulzeit langsam dem Ende zuneigte. Als ich dann nach Stellen zu suchen begann, wusste ich nicht, was ich wollte: London, Rom, Paris, Barcelona? Alles tolle Städte, aber im Großen und Ganzen verläuft das Leben dort gleich wie in Österreich. Ich wollte eine andere Kultur kennenlernen, ein bisschen "Abenteuer" erleben. Von der Möglichkeit, in die Ukraine zu gehen, erfuhr ich durch Zufall, aber beim Lesen der Stellenbeschreibung wusste ich, DAS ist mein Zivildienst.

Bewerbung schreiben, Vorstellungsgespräch bei der Landlerhilfe in Linz, Treffen mit meinem Zivi Kollegen Philipp, Anfang Juli dann eine Reise nach Königsfeld, in "mein" zukünftiges Dorf. Am 26. Juli wird der Vertrag unterschrieben, und vorraussichtlich Anfang September gehts los!
12 Monate im Ausland. Bin gespannt was sie bringen!