Freitag, 21. September 2012

Essen und Trinken


Wovon ernähren wir uns?
In erster Linie einmal von Käsebrot, was hier anscheinend seit Jahren so etwas wie das Zivildiener Standardgericht ist. Wird folgendermaßen gemacht:

Eine Scheibe Brot dick mit Käse belegen und in den Holzofen schieben, bis es knusprig ist. Salzen, Pfeffern, fertig. Verdammt gut, wärmend, sättigend.

Die Standard-Nachspeise dazu wird ähnlich komlex zubereitet. Schokobananen! Banane aufschneiden, soviel Schokolade reinstopfen wie reinpasst und das ganze in den Holzofen schieben. Yummy! An Regentagen der Hammer.

Doch es gibt auch Essen abseits dieser Zwei - Zutaten Gerichte. In der Schulkantine bekommen wir jeden Mittag für wenige Rivni (10 Rivni sind 1 Euro) eine ausgiebige Mahlzeit. Meistens sehr fett, aber das ist hier üblich, um den Winter zu überstehen. ;) Oft gibt es süße Suppen, Nudeln, Kartoffeln oder Reis, dazu eine Sauße. Fleisch gibt es nur selten, da es sehr teuer ist. Zu absolut JEDER Mahlzeit wird Brot gegessen, woran ich mich erst gewöhnen musste. Nachdem die Bäckerei aber nur zweihundert Meter von unserem Haus entfernt ist, das Brot ständig frisch gebacken wird, und ein Laib Brot umgerechnet 40 Cent kostet, ist unser Verbrauch davon enorm!

Ab und zu kochen wir auch selber Kleinigkeiten. Dabei habe ich schon gelernt, dass das ganze Klimbim einer modernen Küche absolut unnötig ist! Solange du einen Topf und ein Messer hast kannst du alles kochen, der Rest ist Luxus... (Wir haben auch noch andere Sachen in der Küche, aber wie gesagt, Luxus!)

Dann gibt es da noch die berühmte ukrainische Gastfreundschaft. Eine Essenseinladung auszuschlagen ist nicht ratsam, erstens weil man den Gastgeber beleidigen könnte, und, viel wichtiger, weil man die wahrscheinlich beste und reichhaltigste Mahlzeit seines Lebens verpassen könnte! Es wird aufgetischt und weiter aufgetischt, gebraten, gekocht und gebacken, und als Gast muss man essen, bis man nicht mehr kann. Borschtsch (Rote RübenSuppe), Holopsi (Mit Reis gefüllte Krauttaschen), Letscho, Polenta, Kuchen...
Dass man satt ist oder nichts mehr trinken will, gilt da nicht. Die Antwort auf solche zaghaften Versuche, den dritten Nachschlag abzulehnen, sind meist auf altösterreichisch vorgetragene Sprichwörter und Redewendungen, gegen die man schwer ankommt. (Weil man sie oft nicht versteht.) Oder wie beispielsweise ist das Argument: "A Wossa is a Wossa, und a Tee is a Tee!!" zu widerlegen?

Trinken



Das Leitungswasser hier kommt direkt aus den Karpaten und ist sehr sauber und gut. Wo man hingeht wird einem Tee oder Löskaffee angeboten, da kommt man schon mal auf 4 oder 5 am Tag. Ein sehr leckeres und beliebtes Erfrischungsgetränk ist Kvas, was aussieht wie Cola, so ähnlich schmeckt, aber aus Brot gemacht wird, wenn ich es richtig verstanden habe.
Abends gibt es manchmal Bier (was darf´ s sein? Levivsky, Tschernivtschy oder Oblisky?) und wenn es was zu feiern gibt ein paar Stamperl Vodka. Drei müssen es sein. Einmal auf die Gesundheit, einmal auf die Freundschaft und einmal auf die Liebe! Na Starovje!


Freitag, 14. September 2012

Kinderwunsch


Nein, ich noch nicht... Aber die Kinder! Was die sich alles wünschen/alles wollen! Wenn man sie nur verstehen würde...

Eine unserer Aufgaben ist es, in der Nachmittagsbetreuung zu helfen. Es ist allerdings nicht so leicht, Kinder zu beschäftigen, wenn man nicht mit ihnen reden kann. Bleiben meine überragenden pantomimischen Fähigkeiten, stummes (oder eher durch internationales Gebrüll gestütztes) Abfangenspielen und Dinge aus Papier herzustellen. Ich hab den Fehler gemacht, einem Kind ein Himmel und Hölle Spiel zu basteln, worauf hin alle eins wollten, und ich den restlichen Nachmittag faltend verbracht habe. Man sollte meinen, inzwischen hätte jedes Kind im Dorf eins, aber denkste... Die sind ja nun nicht soo robust... Dafür kann ich jetzt die Vokabeln "Papierflieger", "Himmel und Hölle" und "Schiff".

Eine weitere "Tradition" ist, dass es in regelmäßigen Abständen an unsere Tür klopft und Kinder jeden Alters "Bitte geben Zuckerle" sagen. Und sie kriegen welche, eines am Tag. Die ganz gewieften kommen ein paar Stunden später nocheinmal, verraten sich aber meist selbst durch ein breites Grinsen, wenn man sie fragt, ob sie nicht schon da waren.

Die Kinder sind auch sehr darauf bedacht, mir ukrainisch beizubringen. Sie wiederholen ihre Forderungen solange, bis man im Wörterbuch nachschlägt, um herauszufinden, was sie eigentlich wollen. So erarbeite ich mir nach und nach einen Wortschatz.

Des weiteren bei Kindern sehr beliebt: UNO Spielen, puzzeln, Papier zum Zeichnen (von dem man nie genug haben kann) und mitfahren im Zivi Bus, auch wenns nur 10 Meter sind.

 


 
Zeit zum Entspannen bleibt trotzdem noch genug. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder klopft und zarte Kinderstimmen nach uns schreien :)

DIE HOLZHACKER TAGE oder "warum ich froh bin dass Jura nicht der Texas Chainsaw Mörder ist"


 

Noch ist´s heiß, aber die Nächte werden schon kühl in unserem Tal, die Laubwälder sind bunt gefärbt und die Herbstfeuer brennen… (Was zwar schön klingt, aber im Klartext heißt, dass es nach Rauch stinkt). Also nutzen wir das fantastische Wetter, um den gewaltigen Holzberg vor unserer Haustür in ofengerechte Stücke zu zerhacken. Eine Arbeit von mehreren Tagen, bei der wir zum Glück tatkräftig von Freunden, Bekannten und natürlich den Kindern unterstützt werden, die ganz schön was weiterbringen, wenn sie nur wollen…

Obwohl Holzhacker immer noch nicht mein Traumberuf ist, muss ich sagen, dass es schon ein befriedigendes Gefühl ist, fünfmal auf so ein einen riesigen Baumstamm einzudreschen, ohne dass der auch nur einen Kratzer aufweist, und ihn dann beim sechsten Mal mit seiner ganzen Kraft sauber in zwei Hälften zu zersprengen. Bis ich den Bogen raus hatte hat es allerdings gedauert.

Thomas kann das zwar viel besser als ich, ist aber immer noch ein Dilettant gegen die Einheimischen. Jura schwingt seine Axt mit derartiger Kraft und Präzision, dass ich froh bin, dass er nicht der Texas Chainsaw Mörder ist (schlechtes Beispiel, ich weiß), sondern nur unser Nachbar…

Am Ende ist alles in die Holzhütte eingelagert, ich spüre jeden Knochen im Körper und meine Kleidung ist voller Sägespäne. Der Winter kann kommen!

vorher

nacher

dazwischen:

 




 


 

 
 

 

Donnerstag, 6. September 2012

La casa nostra


Zeit, das Zivi-Heim, unsere „Zivi Bude“ vorzustellen:

Wir wohnen in einem älteren, sehr ukrainischen Haus, das uns der Nachbar und Besitzer für eine geringe Miete überlässt. Linoleumböden, doppelte Fenster, einigermaßen viel Platz, um unsere zahlreichen Habseligkeiten zu verstauen/verstreuen, und sogar ein Wasserklo, (im Dorf keineswegs Standard, sondern durchaus noch die Ausnahme) machen mein neues Zuhause zum Traum eines jeden Zivildiensers!

Es gibt einen mit Holz zu beheizenden Tischherd, der im Winter zugleich als Heizung dient, allerdings auch eine elektrische Kochplatte. Wenn man Warmwasser für die Badewanne will, muss man ebenfalls erst mal ein Feuer unter dem Boiler machen. Es ist schmuddelig, ein bisschen schmutzig, (nach den absolut lächerlichen westlichen Sauberkeitsstandards…) und unglaublich gemütlich. Ich freue mich schon, mich im Winter mit einem heißen Tee ins Bett zu kuscheln und dem Schnee beim Fallen zuzuschauen J    

Hier ein hochprofessioneller Grundriss unseres Hauses, den ich überhaupt nicht gerade eben mit Paint gezeichnet habe:
 
Entgegen der Zeichnung gibt es im Arbeitszimmer sehr wohl einen Schreibtisch, und da wird sehr wohl gearbeitet. Aber so einen Schreibtisch zu zeichnen ist eine recht langweilige Sache, also hab ichs gelassen.



 

 

Die gute alte Zeit:


 Wenn ich sage, die Zeit vergeht hier anders, ist das nicht nur eine Metapher, sondern wörtlich gemeint. Die echte ukrainische, also die Kiever Zeit, ist eine Stunde versetzt zu unserer mitteleuropäischen. Die Einwohner des Theresientales, in dem auch Königsfeld liegt, weigern sich allerdings, die offzielle Zeit anzuerkennen und leben lieber nach unserer. Das ist für uns Österreicher praktisch, kann aber zu Verwirrungen führen, etwa wenn man einen Zug erwischen will, der nach der offiziellen Zeit fährt, oder einen Termin in einem Amt hat. Wenn man zum Beispiel nach Tiatschiv, in die Hauptstadt des Rajons, fährt, die außerhalb des Tales liegt, betritt man bereits eine andere Zeitzone...     

 

 

Dienstag, 4. September 2012

angekommen!


Ich bin angekommen.
Nicht spirituell, sondern zunaechst mal geographisch. Aber was nicht ist kann ja noch werden :)

Die ersten Tage begannen - mit Verabschiedungen. Ich habe Alt-Zivi Severin, der seinen Dienst inzwischen beendet hat, bei seinen letzten Besuchen im Dorf begleitet, und dabei gleich die wichtigsten Leute von Koenigsfeld kennengelernt. Die meisten koennen Deutsch, allerdings kein Hochdeutsch, sondern einen seit Generationen gleichgebliebenen Muehlviertler Akzent, mit dem ich mir als Steirer schwerer tu als ein Norddeutscher mit Vorarlbergerisch.

Am zweiten Abend fand die Abschiedsfeier für Severin statt, die traditionellerweise Schaschlik, Vodka und Gitarrenspiel beinhaltet. Außerdem wurden dem Alt-Zivi, ebenfalls traditionell, die Haare geschoren. Auch ich kam unter den Rasierer, Widerstand zwecklos. Naja, ist hier eh praktischer...


Bogratsch überm Feuer, jam!!




Jetzt bin ich mit dem anderen Alt-Zivi, Thomas, zu zweit. Er hat noch 6 Wochen Dienst abzuleisten und zeigt mir, wie alles funktioniert und wie unsere Arbeit hier abläuft. Als da wäre: In der Schule Deutsch unterrichten, mit den Kindern spielen, Patenschaften und Hilfstransporte organisieren. Und das Ganze natürlich auf Ukrainisch. Ich bin schon fleißig am Lernen, aber bis ich mehr sagen kann als "Ich bin der neue Zivi und verstehe nichts" und wirds wohl noch etwas dauern... Vorgestellt werde ich übrigens als "novy soldat", wie wir hier spaßhalber genannt werden.

Bei Vizebürgermeister Peter zum Kaffee. Rechts Thomas, Mitte Severin 
 
Ich wurde auch schon mit unzähligen Volksweisheiten und Redensarten konfrontiert, die den Geist der Ukraine wunderbar einfangen. Beispiel: Warum gibt es hier so wenige Verkehrsschilder? Weil die runden super auf die Sauerkrauttöpfe passen und man mit den eckigen gut Schneeschaufeln kann...