Montag, 18. Februar 2013

Alle Sünden sind vergeben - Ukrainische Sauna


Was macht der Ukrainer an einem eiskalten Samstagnachmittag im Februar? Er geht in die Sauna. Und was macht der Österreicher? Er geht mit.
Zu fünft wanderten wir mit Handtuch und Badehose bewaffnet einen Hügel ein Stück oberhalb des Dorfes hinauf, wo sich eine der sogenannten „Banjas“ befindet.   
Dort bekamen wir erst mal stilvolle Filzhüte, um unsere Köpfe vor der Hitze zu schützen. Und dann ging´s ab in den Saunaraum. Die echte ukrainische Sauna erreicht Temperaturen von 120 Grad, bei uns waren´s "nur" 110. Im Vorfeld hatte ich Angst, umzukippen, aber im Endeffekt war´s dann eh ganz, naja, kühl wars nicht, aber überlebbar.

In den Pausen zwischen den jeweils  15 minütigen Saunagängen wird sich erstmal im Schnee gewälzt, dann werden traditionell ein Glas Wein getrunken und  rohe Fischstücke gegessen, die im gleichen Maße gesalzen sind, wie es in der Sauna heißt ist. Schmeckt gar nicht schlecht wenn man sich darauf einlässt!




Der Saunabesuch war die Belohnung für die sportliche Betätigung zuvor: 


Inzwischen weiß ich schon, dass es sinnlos ist, sich hier im Vorhinein etwas auszumachen, weil Spontanität alles ist. So auch Samstag Vormittag:     

9 Uhr früh, wir beide schlafen noch. Auf einmal  stürmen ein paar Freunde von uns in Schimontur in unser Schlafzimmer und sagen: "So wir machen jetzt eine Schneewanderung. Du hast 10 Minuten zum Anziehen. Tja, wieso nicht^^

Schischuhe in den Rucksack, Schi geschultert, und hinauf auf die Alm! Zur Belohnung des dreistündigen Beraufstapfens gabs eine geniale Aussicht, eine Pause in der Hütte und eine Abfahrt quer durch den Wald.

 
 


Freitag, 1. Februar 2013

Hitler kaputt! - Stalin auch...

Politisch unkorrekte Schneeballschlachten und Anderes


Das Wetter schwankt derzeit zwischen einerseits eiskalt, windig, starker Schneefall und extrem eisig und andererseits Wärmeperioden mit Regen und Gatsch. Letztens legte sich wieder mal Neuschnee über den bereits gefrorenen. Zwar nicht viel, aber genug, um Schneebälle zusammenzukratzen und an unsere Tür zu werfen. Zu absolut nachtschlafender Zeit (10 Uhr vormittags) dermaßen rüde geweckt, habe ich kaum eine andere Möglichkeit als das Frühstück runter zu schlingen und mich mit Anorak und Handschuhen bewaffnet in den Krieg zu stürzen. 

Dass dieser von den Kindern durchaus ernst genommen wird, zeigt ein triumphierendes „Hitler kaputt!!“ wenn mich ein Schneeball ins Gesicht trifft. Im ersten Moment perplex kontere ich mit „Stalin auch“, der Wurf ging aber leider daneben.

Diesen Ausspruch, mit dem ich ab und zu sogar von Kindern am Schulhof begrüßt werde, habe ich zuerst als ein Beispiel dafür gesehen, wie sehr die Schrecken der Vergangenheit der alten Generation hier noch in den Knochen sitzen, und an die Jüngsten weitergegeben werden. Laut Natalja allerdings eine Überinterpretation. Jeder kennt die Phrase, aber vor allem die Kinder wissen meist nicht im Geringsten, was sie bedeutet oder wer Hitler überhaupt war. Ein weiterer Brocken „Reichsdeutsch“, den jedes Kind lange vor dem Schulalter kennt, ist „Hände hoch“. Auch als sich zwei 13-Jährige Mädchen im Zuge eines Kinderspieltags bei uns mit Schminke Hakenkreuze auf die Wangen malten, verstanden sie meinen Ärger nicht.
Resümee: Auf die Vermittlung dieses Themas wird eben leider nur in Österreich und Deutschland solchen Wert gelegt.

 

Weitere Dinge, die man (nicht) ganz unbedingt wissen muss:


In Ushgorod gibt es ein Seil, eine sogenannte „Zigeunerwetterstation.“ Absolut zuverlässig: Wenn das Seil trocken ist, scheint die Sonne. Wenn das Seil nass ist, regnet es. Wenn es hart ist, gibt es Frost. Und wenn man zwei Seile sieht, ist es Zeit, heimzugehen. 
(Dank an Valentin für den Beitrag J)
 
Was hat der echte Ukrainer in seinen Taschen? - Semitschki! Das ist das Ukrainische Wort für Sonnenblumenkerne, die hier in  solchen Massen verputzt werden, dass sämtliche amerikanischen Chipshersteller neidisch sein können. Um eine Schale mit den Zähnen zu knacken, das Innere zu essen und die nächste zu ergreifen braucht ein Ukrainer eine Sekunde. Maximal. Zumindest schauts so aus. Die Schalenberge sind beachtlich... 
 
Und zum Schluss noch ein lebensnotwendiger Leckerbissen für Linguistiker: Chinakohl heißt auf Ukrainisch „Pekingkraut.“

 

Golden Handshake

 

Noch etwas Gewöhnungsbedürftiges: Das Händeschütteln hat hier eine viel stärkere Bedeutung als in Mitteleuropa. Wenn man einen Raum mit 15 Menschen betritt, muss man umhergehen und jedem die Hand geben, bevor man sich setzt. Unabhängig davon, ob man sie kennt oder nicht. Wenn man einen Freund trifft, schüttelt man ihm immer die Hand, auch wenn man ihn erst vor einer Stunde zum letzten Mal gesehen hat.
Dies gilt aber nur für Männer. In den Wochen nach meiner Ankunft habe ich ganz selbstverständlich auch Frauen die Hand gegeben, wenn ich eine Runde begrüßt habe. Die wussten aber nicht viel damit anzufangen und sahen mich stirnrunzelnd an, manche ergriffen meine Hand nach kurzem Zögern, andere gar nicht. Eine Ausnahme ist Natalja, für die es als „westlich orientierte Frau“ ganz selbstverständlich ist, begrüßt zu werden wie ein Mann.


Inzwischen habe ich gelesen dass es äußerst unhöflich ist, Frauen, die man nicht oder kaum kennt, so zu begrüßen. Wird wohl noch ein paar Jährchen dauern bis sich das hier ändert.


Der skurrilste Auswuchs dieser Sitte ist es, wenn nicht nur Burschen, sondern sogar Kleinkinder verlangen, auf diese Art begrüßt zu werden. Wenn mir ein Vierjähriger geschäftsmäßig die Hand hinstreckt und ich sie nicht ergreife, ist er sozusagen in seiner Männlichkeit beleidigt. Ach, du segensreiche Vorbildfunktion der Erwachsenen…


                             
                                                 

 
Eine Möglichkeit, dem Begrüßungswahnsinn auszukommen, ist mein Status als „Hilfslehrer“. Denn dass man als Lehrer die Kinder in der Schule nicht von Gleich zu Gleich behandeln kann, wird verstanden.