Seit vielen vielen Jahren findet in Königsfeld, zur Zeit der sonnen-wenten, ein ganz besonderes Ereignis statt:
Die altösterreichische Tradition des Scheibliki-Schießens, die in Österreich und allen anderen Gegenden der Welt (soweit mir bekannt) seit vielen Jahrzehnten vergessen ist, wird hier als einzigartiges dreitägiges Fest gefeiert:
Am Wochenende um die Sonnenwende, heuer von 21. bis 23. Juni, geht alles was Beine hat abends auf einen Berg, der zwar nicht besonders hoch ist, aber mit einem Zugangspfad aufwarten kann, der es in sich hat. Ein unglaublich steiles Hochkriechen durch halb felsige, halb matschige Wildbachschneisen, mit dem für die veranstaltung nötigen Gepäck nicht ganz einfach zu bewerkstelligen, aber das simma ja eh schon gewohnt.
Was sind Scheibliki?
Scheibliki sind annähernd quadratische Holzstücke mit Loch in der Mitte, etwa zehn Zentimeter Seitenlänge, ca. einen Zentimeter dick, Volumen, Dichte, Masse, Umkreismittelpunkt etc unbekannt, mir zumindest. Wer Lust hat kann sich´s ausrechnen.Die Größe des Loches in der Mitte variiert allerdings, was oben genannte Mittelwertberechnungen erschwert, aber nichts weiter zur Sache tut. Das Loch ist unterschiedlich groß, weil es exakt auf einen fast zwei Meter langen Stecken passen muss, und die ja alle unterschiedlich dick sind.
Und was macht man damit?
Auf dem Berg gibt es ein Feuer, idyllischerweise (wiedermal) auch aus Autoreifen. Den dabei entstehenden tiefschwarzen beißenden Rauch sieht man im Finstern aber fast nicht.In dieses Feuer hält man die auf die Stecken gespießten Scheibliki, bis sie glühen. Dann stellt man sich an eine eigens konzipierte Rampe, setzt zweimal an und schleudert den Scheiblik beim dritten Mal von der Stange in die Nacht, wo er eine weit fliegende, rot glühende Sternschnuppe bildet. Wenn man das kann. Ich hab ein paar Versuche gebraucht...
Das wichtigste dabei ist aber, dass man während dem Schießen einen altösterreichischen Spruch singt. Nicht nur man selber, sondern alle, die herumstehen, und einen anfeuern.
Nachdem die meisten Königsfelder kein Deutsch mehr sprechen und die Tradition schon sehr sehr alt ist, existieren die abenteuerlichsten Varianten der Zeile. Nach ein bisschen Recherche haben wir in einem alten Buch gefunden, dass es ursprünglich so geht:
Sonnenwenten, sonnenwenten, Scheeeeeiiiiibenschlog, dos hot jo da (Namen einfügen) gschlogn. ....Unter d´ Scheibelbaunk einigschlogn. Juhuuuu!!!!
Pascha, bestens ausgerüstet |
Scheibliki ins Feuer halten |
Auf die Rampe, fertig, los! |
Nach getaner "Arbeit" |
Irgendwann sind alle Scheibliki verschossen, man lässt sich zu Schaschlik und ethanolhaltigen Getränken nieder, bricht vielleicht unregelmäßig in "Sonnenwenten" Gesänge aus (erinnert an Festival- "Helga"?!) und freut sich ansonsten über den bevorstehenden Sommer, den fast vollen Fastvollmond und eine gelungene Sonnwendfeier. An diesen drei Tagen fühlt sich jeder der Teilnehmer ein bisschen an den Ursprung Königsfelds als altösterreichisches Dorf erinnert, und vielleicht sogar selbst ein bisschen österreichisch.
Falls irgendjemand meiner Leser die Tradition des Scheibliki Schießens von älteren Verwandten oder aus Geschichten kennt, ich freu mich über Infos darüber. Hab die Tradition aus Österreich nicht gekannt!